Ein wesentlicher Unterschied zwischen der ökonomischen Gesellschaft Kenyas und derjenigen Mitteleuropas ist der, dass in Kenya jede(r) seine Dienstleistungen oder Produkte ohne irgendwelche Formalitäten öffentlich anbieten kann. Dies zeigt sich besonders in den Metropolen entlang der Küste wo sich Elektronikhändler neben Schuhmacher, Kunstschreiner, Textilverarbeiter, Transportdienstleister, Lebensmittelhändler oder Friseuren in grossen Mengen aufreihen. Jede Person bietet an was sie oder er am besten kann oder zum Handel verfügbar hat. Dies ermöglicht die Existenz von Handwerken welche in Europa kaum mehr auffindbar sind, wie z.B. der Schuhmacherei, dem klassischen Barbier oder dem Tabakbauer mit seinen exklusiven Zigarren. Der Wettbewerbsdruck nimmt dadurch natürlich Formen an, welche uns in Europa kaum bekannt sind, weshalb der Kampf um Kundschaft mit verhältnismässig intensiven Mitteln geführt wird (das kennen wir von den klassischen Touristenregionen, in welchen die Souvenierverkäufer um Kundschaft kämpfen). Unglücklicherweise zeigen sich noch weit tiefer reichende Auswirkungen dieser Wettbewerbs-Form im täglichen Leben hier in Kenya. Da der Status als Unternehmer sehr hoch angesehen wird, kooperieren Anbieter derselben Produkte oder Dienstleistungen kaum- oder gar nicht- miteinander. Dies hat zur Folge, dass Synergien ungenutzt bleiben und andere Bereiche des Alltags belastet werden. So sind befinden sich beispielsweise in einer Marktgasse vor dem Stadtzentrum Nairobis dutzende Elektronik- Händler welche allesamt dieselben Produkte (Handys, Zubehör für Heimelektronik, Batterien) anbieten, doch jeder von denen hat seine eigenen Zulieferer und seine eigene Supplychain. Dies belastet die ohnehin massiv überlastete Verkehrsinfrastruktur ebenso massiv wie die kaum existente Abfallentsorgung. Ganz zu schweigen davon, dass sich eine gemeinsame Organisation der Unternehmer positiv auf deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Kunden und Anbieter auswirken würde. Leider aber sind Organisation und Strategie Einflussfaktoren welchen die ansonsten sehr eifrigen Geschäftsleute keine Aufmerksamkeit schenken, um dieses Engagement in den Kampf um Kunden zu investieren. Die Orientierung in ökonomischen Belangen ist allgemein wesentlich kurzfristiger als wir dies in pflegen, was sich bis in die höchsten Ebenen grosser Unternehmen oder selbst der Regierung zeigt. So werden Erträge nur sehr ungerne in die Erhaltung von Infrastrukturen (re)investiert, da diese keine unmittelbar sichtbaren Erfolge abwerfen. Viel mehr werden verfügbare Mittel sogleich in die Akquise zusätzlicher Arbeitskräfte und Märkte oder in Aktivitäten mit direkter Umsatzrelevanz gesteckt. Dies zeigt sich ganz besonders in den staatlichen Infrastrukturen welche zwar mit grossem Einsatz errichtet aber kaum gewartet geschweige denn den sich verändernden Bedingungen angepasst werden. So bestehen in der Küstenregion viele staatlich errichtete Maisplantagen welche grosse Mengen an Mais abwerfen, Arbeitsplätze generieren und die Wirtschaft stärken könnten. Aufgrund deren schlechten Zustandes ist es aber wesentlich einfacher, den Mais einfach zu importieren (meist aus Übersee z.B. China oder Indien). Ein weiterer Beweis dafür, weshalb besonders chinesische Unternehmen in Afrika sehr grossen Einfluss auf die lokale Wirtschaft haben. Stellen wir uns nur Mal vor, wie stark die Wirtschaftskraft Kenyas sein könnte, wenn die Menschen und die Politik der langfristigkeit der Aktivitäten mehr Aufmerksamkeit schenken würden. Wenn sich die Händler auf den Strassen der Metropolen dieses Landes untereinander organisieren und kooperieren, die verfügbaren Synergien nutzen und deren Marktfähigkeit steigern würden….Kenya könnte eine bisher unbekannte wirtschaftliche Stärke erlangen, und dies ohne zusätzliche materielle Ressourcen, ausschliesslich durch Organisation und Strategie. Eine Tatsache welche nicht nur für die Händler auf den lokalen Märkten der Metropolen dieser Welt von Bedeutung ist, sondern für jedes Unternehmen welches erfolgsorientiert unterwegs sein möchte.